Landesverbandstag 2018 in Hannover

Kultusminister Grant Hendrik Tonne

„Wem war ich selbst verhindernder oder ermöglichender ‘Gatekeeper‘ oder wer ist mir zu einem geworden?“ Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Landesverbandtages des Verbands Sonderpädagogik kamen kaum um diese oder eine ähnliche Selbstbefragung herum. Sehr persönlich und fachlich äußerst interessant waren Einblicke, die Frau Professorin Dr. Bettina Lindmeier im Hauptvortrag an diesem sonnigen Morgen in Hannover vor den zahlreich erschienenen Mitgliedern und Gästen gewährte. Dabei setzte sich die Referentin insbesondere mit dem Thema des Verbandstags auseinander.

Prof. Dr. phil. Bettina Lindmeier

Der Verbandstag stand unter dem Motto „Übergänge gestalten“. Die Bloggerin und Slammerin Ninia LaGrande sorgte mit einem frischen und gewichtigen Vers-Cocktail für einen impulsiven und emotionalen Einstieg in die Inhalte des Tages.

Poetry Slammerin Ninia LaGrande

Regionspräsident Hauke Jagau erinnerte in seiner Laudatio an die Bedeutung des Selbstwertgefühls von Schülerinnen und Schülern, die auf sonderpädagogische Unterstützung zur Bewältigung ihres Schulalltags angewiesen sind und die Notwendigkeit, auch in der inklusiven Allgemeinen Schule Raum für ein positives (Selbst-)Erleben zu schaffen.

Regionspräsident Hauke Jagau

In der anschließenden Begrüßungsrede des Landesvorsitzenden, Reinhard Fricke, wurde deutlich, dass die inklusive Schule in der aktuellen Situation eines planvollen Ausbaus und eines abgestimmten Handelns der Entscheidungsträger bedarf. „Der heiße Wunsch nach Konsens“ verweist nicht nur auf einen immer dringender werdenden Regelungs- und Gestaltungsbedarf in diversen Detailbereichen der Administration und der regionalen Schulorganisation sondern auch auf die Chance, Verantwortung für zukunftsweisende Entscheidungen und Bekenntnisse seitens der Politik und der umsetzenden Ministerien in besonderer Weise wahrzunehmen. Die Zeiten einer großen Koalition haben sich bereits einmal als äußerst fruchtbar für die inklusive Bildung erwiesen. Von einer konsensual getragenen und überlegten Entwicklung profitieren alle Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte gleichermaßen.

Landesvorsitzender Reinhard Fricke

Der Niedersächsische Kultusminister, Grant Hendrik Tonne, zeigte in einem umfangreichen und fundierten Vortrag auf, welche Bereiche aktuell der Bearbeitung bedürfen und traf dabei in vielen Aussagen ganz den Nerv der anwesenden Zuhörer. Neben der Überarbeitung des Verfahrens zur Feststellung eines Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung wurde der Einhalt des „Etikettierungsbooms“, der permanent ansteigenden Zahl an Schülerinnen und Schülern, die über präventive Maßnahmen hinaus einer sonderpädagogischen Unterstützung bedürfen, benannt. Veränderte Ressourcenzuweisung, multiprofessionelle Teams, verbesserte Arbeitsbedingungen in der Schule und eine Unterstützung der Forderung „A13 für alle Lehrkräfte“ wurden ebenso benannt, wie eine Überprüfung der APVO und die Unterstützung des Förderschwerpunkts Emotionale und soziale Entwicklung durch notwendige Pädagogische Fachkräfte. Ein weiterer Schwerpunkt der Rede bezog sich auf die Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren Inklusive Schule (RZI). Nachdem sich die weit überwiegende Mehrzahl aller Landkreise und kreisfreien Städte bereits in der ersten oder zweiten der jährlichen Kohorten zum Aufbau eines RZI entschlossen hat, bietet der Minister den verbleibenden zuständigen kommunalen Schulträgern an, sich zu einem individuell gewählten Zeitpunkt kurzfristig ebenfalls für ein RZI entscheiden zu können. Detailliert schilderte der Minister die Notwendigkeit der Umsetzung eines Stufenplans zur personellen Ausstattung und der Sicherstellung eines landesweit einheitlichen Mobilen Dienstes. Für den Minister ist Inklusion nicht verhandelbar. Er rief alle dazu auf, sich für die Gelingensbedingungen einzusetzen. Es bestehe insgesamt gesehen kein Grund zur Resignation, es bestehe jedoch viel Arbeit.

Am Nachmittag des Landesverbandstags hatten die Mitglieder und Gäste ausreichend Gelegenheit, in verschiedenen Workshops selbst zu sammeln, zu formulieren und zu erarbeiten, wo welcher Verbesserungsbedarf gesehen wird, welche Tipps und Kniffe bei welchen schulischen Problemstellungen helfen und Einblick in verschiedene Themengebiete erhalten, wo aktuell in besonderer Weise „der Schuh drückt“. Die Workshops mit teilweise bildlich plakatierenden Titeln wie „Heizungshocker und Hilfslehrer“ von Afra Kiehl-Will oder den fundiert nüchtern titulierten Workshops wie „Berufsorientierung und Übergang nach Klasse 9/10“ von Hille Wittenberg fanden regen Zuspruch und konnten sicherlich zu einer Erweiterung des Blickfelds vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmer beitragen.

 

Ein herzlicher Dank sei an dieser Stelle allen an der Vorbereitung des Verbandstags Beteiligten, allen voran der Vorsitzenden des Bezirks Hannover, Tina Albers, ausgesprochen. Ohne eine monatelange kontinuierliche Vorarbeit vieler wäre diese erfolgreiche Veranstaltung nicht möglich gewesen.

Dagmar Brunsch

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